Sonntag, 30. Oktober 2016

Das Klagelied einer Workingmom

"Hallo! Ich bin Chona, 32, habe 2 Kinder, arbeite unbefristet, bei einer 24-Stunden-Woche im Homeoffice und kann meine Arbeitszeit frei einteilen."

So, oder so ähnlich wäre mein Wunschtext an dieser Stelle. Die Realität sieht aber -wie bei so vielen- ganz anders aus.

"Ich arbeite. Und zwar am meisten daran, das wackelige Konstrukt aus Familie und Job  i r g e n d w i e zusammenzuhalten." 

trifft es wohl eher.
Als ich vor ein paar Tagen einen wirklich guten Artikel auf "Zeit-Online" zum Thema  Vereinbarkeit von Job und Kindern las, brachte mich das wirklich sehr zum Nachdenken.

Wie schaffe ich das eigentlich jeden Tag? Und wie schaffen das andere Mütter und Väter, wenn ich schon bei meiner 30-Stunden-Woche oft genug die Krise kriege. Arbeitsbeginn 8 Uhr? Mit einem Schulkind quasi unmöglich.

Versteht mich nicht falsch, ich bin wirklich dankbar für diesen Job. Aber die Kombination aus äußerst knapp bemessenem Zeitmanegment, immer größer werdendem Leistungsdruck im Job und dem eigenen Anspruch ans Mutter-Dasein ist oft ein schwerer, kaum zu schaffender Spagat. Und dann wär da noch die Beziehung / Ehe, Familie und Freunde, der Haushalt und was leider oft völlig unter geht: Man selbst. Deswegen ist auch eins meiner Liblingszitate aus dem o.g. Artikel:

"Erwachsene arbeiten im Schnitt 45 Stunden in der Woche, davon entfallen 20,5 Stunden auf berufliche Tätigkeiten und 24,5 Stunden auf unbezahlte Tätigkeiten wie Kinderbetreuung und das bisschen Haushalt..."

DANKE! Ich traue mich kaum, das auf Vollzeitarbeitende umzurechnen. Das der Stresspegel bei den meisten Menschen langsam ins Unermessliche steigt, wundert da nicht mehr. Leider vergessen aber viele, dass der Job als Elternteil eben nicht nach 8 Stunden endet.

In meinem Fall z.B. ist nicht immer der Job selbst der Stressfaktor, sondern meistens die Zeit. Wenn Arbeitsbeginn um 8 Uhr ist, die Schule aber frühestens um 7:45 Uhr das Tor öffnet, muss man schon gleich nebenan arbeiten, um das zu schaffen. Hat man aber 35 km Fahrtweg, über die Autobahn, im Berufsverkehr, dann kann man schonmal zum Erbsenzähler mutieren.

"Verdammte Sch***e! Warum machen die das ******* Schultor erst um 7:47 Uhr auf! Geht garnicht! AAARGH!"

Denn jeder Pendler weiß, 2 Minuten können im Berufsverkehr schnell mal eine Stunde werden. Hängt man aber die Zeit, die man zu spät kommt, nach Feierabend hinten dran, muss man quasi zurück fliegen, um pünktlich zur Schließzeit der Ganztagsbetreuung da zu sein. Wenn man weder den finanziellen, noch den familiären Background für eine anschließende Betreuung hat, hat man also fast verloren.

Die fehlende Flexibilität macht das Arbeiten natürlich nicht einfacher. In meiner Abteilung bin ich im engeren Kollegenkreis die Einzige mit kleinen Kindern. Auch wenn sie vorgeben, damit kein Problem zu haben, so merke ich doch, dass nicht immer Verständnis da ist.

"Millionen andere Mütter haben auch Job und Kinder!" 

hieß es da z.B. einmal von einer kinderlosen Kollegin. Ja. Das weiß ich. Und es gibt sicherlich auch Mütter, die das problemlos schaffen. Aber es gibt bestimmt auch Viele, denen es so geht wie mir. Die von einer besseren Vereinbarkeit von Karriere und Kindern träumen. Oder ersatzweise von einem Lottogewinn.

Dass viele Eltern sich mehr Familienfreundlichkeit im Berufsleben wünschen, dürfte klar sein. Doch leider bekommt man als Mutter / Vater auch so manches Mal außerhalb des Jobs das Gefühl vermittelt, der Alien der Gesellschaft zu sein. Auch ich merke das, trotz mittlerweile sehr kinderreichem privaten Umfeld, immer häufiger.

Sei es im Restaurant, wo andere Gäste die Augen rollen, wenn man sich mit Kindern an den Nebentisch setzt. Oder das man sich einen dummen Spruch von Teenagern einfängt, weil man es wagt, mit Kinderwagen shoppen zu gehen. Oder gleich als unfähige Mutter abgestempelt wird, weil das Kind in der Fußgängerzone ein Paradebeispiel von Trotzanfall hat.

"Ich wollte aber mehr braune als weiße Munchkins! Wääääh!!!" 

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, war es völlig "normal", mit 25-35 Jahren Kinder zu haben. Treffe ich heute bekannte Gesichter aus meinen Anfangzwanzigern zufällig wieder und erzähle, dass ich nun 2 Kinder habe, befinden sich die Blicke oft irgendwo zwischen geschockt und mitleidig.

Aber warum eigentlich? Kinder sind doch das größte Glück! Und nein, das ist nicht nur so eine blöde Floskel, weil man das als gute Mutter eben so sagt. Das meine ich wirklich so! Ja, sie treiben mich manchmal in den Wahnsinn. Und ja, der Alltag als (berufstätige) Eltern ist manchmal hart und ermüdend. Aber wenn ich dann Abends mit meinen beiden Mädels im Arm auf dem Sofa liege (und mich an so manchem Abend darauf freue, dass sie endlich ins Bett gehen), die Große

"Du bist die beste Mama!"

und die Kleine

"Iss lieb diss, Mama!"

sagt, dann weiß ich: Es war genau das Richtige, Kinder zu kriegen! ♡